Die Bildungsministerin erläutert:
Der Lehrerberuf gehört zu den wichtigsten Berufen unserer Gesellschaft. Er ist anspruchsvoll und sinnstiftend. Da auch Schule sich den gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen muss, war eine Neugestaltung der Lehrerausbildung dringend erforderlich. Die Medienbildung, die Bildung zur nachhaltigen Entwicklung und die politische Bildung im Allgemeinen werden immer wichtiger, die Förderung der Mehrsprachigkeit und der Grundkompetenzen bleiben wichtige Voraussetzungen für die gesellschaftliche und berufliche Integration und das lebenslange Lernen. Darauf müssen angehende Pädagogen und Pädagoginnen vorbereitet werden. Auch der richtige Umgang mit Heterogenität und Diversität, d. h. mit Lernenden mit unterschiedlichen kulturellen und sprachlichen Hintergründen, mit und ohne Beeinträchtigung, mit Lernschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten oder besonderen Begabungen muss vermittelt werden. Der Unterricht muss an die individuellen Bedürfnisse der Schüler/-innen angepasst werden. Um den gestiegenen Anforderungen an den Lehrerberuf Rechnung zu tragen, ist eine grundlegende Reform, verbunden mit einer Verlängerung des Studiums, erforderlich. Die Neuausrichtung der Grundschullehrerausbildung verfolgt das Ziel, angehende Lehrkräfte noch besser zu befähigen, die Schüler auf das Leben und Arbeiten in der Welt von morgen vorzubereiten. Die Personen, die diesen so wichtigen Beruf ausüben, müssen dabei unterstützt werden, Herausforderungen und neuen Realitäten wie der Digitalisierung und der zunehmenden Heterogenität im Klassenzimmer zu begegnen.
Fachbereichsleiterin Catherine Mattar erläutert:
Die Ausbildung von Lehrern und Kindergärtnern steht in einem engen Zusammenhang zum aktuellen bzw. sich wandelnden Gesellschafts-, Bildungs- und Schulsystem. Daraus resultieren neue Herausforderungen für die angehenden Lehrpersonen, und damit einhergehend neue Anforderungen an die Lehrer- und Kindergärtnerausbildung.
Zentrale Herausforderungen sind dabei Globalisierung, Mobilität und Migration, die einerseits zu einer zunehmenden Diversität in den Schulklassen führen, andererseits Potentiale bergen, die es für die Lebens- und Arbeitswelt zu nutzen gilt. Mehr Kinder mit Migrationshintergrund, zunehmende sozio-ökonomische Unterschiede und die Inklusion von Schülern mit Förderbedarf und Hochbegabung sind nur einige Beispiele für die wachsende Vielfalt in den Klassen. Dies stellt an die Lehrperson höchste Anforderungen in Bezug auf Klassenführung, Unterrichtsplanung und -durchführung sowie an den Erziehungsauftrag und erfordert eine adaptive, inklusionsorientierte Unterrichtsgestaltung, die an die Lernvoraussetzungen und den Lernstand der Schülerinnen und Schüler angepasst ist und die bestmögliche Teilhabe aller Kinder zum Ziel hat. Im Zuge einer globalisierten Welt führen auch Digitalisierung und Automatisierung zu Herausforderungen in Schulen, wo Lehrpersonen nicht nur der rasanten Entwicklung folgen, die eigene Medienkompetenz stetig erweitern und den Medieneinsatz im Unterricht reflektiert planen und gestalten müssen, sondern auch Schülerinnen und Schüler darin befähigen, diese Medienkompetenz zu erwerben und einen verantwortungsvollen und kritischen Umgang mit Medien zu pflegen.
Im zukünftig vierjährigen Bachelorstudium „Lehramt Kindergarten“ und „Lehramt Primarschule“ werden zur Förderung der professionellen Kompetenzen Inhalte ausgeweitet, vertieft und stärker miteinander verknüpft. Auch Themen der pädagogischen Diagnostik (Lernstandsermittlung, Beobachtung, Analyse von Lernergebnissen) und darauf aufbauend der individuellen Förderung und adaptiven Unterrichtsgestaltung erhalten mehr Raum im Studium. Allgemein- und fachdidaktische Inhalte, beispielsweise die Vermittlung von Lese-, Schreib und Rechenkompetenzen, werden vor dem Hintergrund der Diversität vertieft. Auch die Medienpädagogik und -didaktik, die politische Bildung, die Bildung zur nachhaltigen Entwicklung sowie die Kommunikation und Kooperation mit Eltern und den multiprofessionellen Teams, die im schulischen Kontext zusammenarbeiten, werden verstärkt ins Studium einbezogen. Neben der fachlichen, fachdidaktischen und pädagogischpsychologischen Ausbildung hat die AHS das Ziel, die Studierenden in der Entwicklung ihrer Lehrerpersönlichkeit zu unterstützen. Die Stärkung des Selbstwertgefühls und der Selbstsicherheit oder die Entwicklung einer angemessenen Auftrittskompetenz werden durch entsprechende Unterrichts- und Reflexionsanlässe angestrebt. Um diese Kompetenzen zu vermitteln, möchte die AHS verschiedene Lehr- und Lernformate etablieren und das eigenverantwortliche Lernen stärken.
Ein zentrales Element der Reform ist die Ausweitung von Praxisformaten. Studierende werden ab 2025 ein Viertel ihres Studienprogramms (60 von 240 ECTS) in verschiedenen Praktika absolvieren.
Die Ministerin sieht in dieser Reform einen großen Mehrwert für die zukünftigen Studierenden:
Durch die Verlängerung des Studiums vermitteln wir nicht nur mehr Kompetenzen, unter anderem im Bereich der Förderpädagogik und Fremdsprachendidaktik Französisch, sondern bieten vor allem mehr Gelegenheiten, das Erlernte in der Praxis anzuwenden und dabei von den Ausbildern der AHS und in den Schulen unterstützt zu werden. Diese ausgedehnten Praxisphasen unterstützen die angehenden Lehrpersonen und tragen zu einer verbesserten Berufseinstiegsphase bei.
Die verstärkte Verzahnung von Theorie und Praxis im Studium soll ebenso den Übergang vom Studium in den Beruf erleichtern. Auch nach dem Studium erhalten die Absolventen die Möglichkeit, in regelmäßigen Treffen an der Hochschule Unterstützung und Hilfestellung im
Berufsalltag zu erfahren. Um junge Lehrer beim Einstieg in den Beruf zu unterstützen hat die Regierung zudem bereits ein Pilotprojekt gestartet, das erfahrene Lehrer zu Mentoren ausbildet, die junge Kollegen bei der Unterrichtsplanung und -durchführung und im Schulalltag
unterstützen.
Das vierjährige Studium stellt die Weichen für den Berufseinstieg, wie in den meisten Berufen erfordert auch der Lehrerberuf die kontinuierliche Weiterentwicklung der professionellen Kompetenzen. Daher entwickelt die Hochschule im Auftrag der Regierung ergänzend zur reformierten Grundausbildung Zusatzausbildungen und Fortbildungen in verschiedenen Bereichen, um die Lehrer auch im Laufe ihrer Karriere in ihrer beruflichen Weiterbildung zu unterstützen.
Das Absolvieren eines Aufnahmeverfahren, bestehend aus einer Prüfung kognitiver und sprachlicher Grundfertigkeiten und einem persönlichen Gespräch, bleibt weiterhin Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums zur Kindergarten- oder Primarschullehrperson.